Das „Yoga-Buffet“

Das „Yoga-Buffet“

… oder warum zuviel Yoga crazy macht!

Oft fühlt sich die „Yoga-Welt“ für mich an wie ein üppiges großes Buffet: eine lange Tafel, auf welcher unzählige Schüsseln stehen, alle mit unterschiedlichen Leckereien gefüllt. Jede verspricht noch besser als die andere zu sein. So läuft man daran entlang und lädt sich von allem etwas auf den Teller, randvoll – bis er fast überquillt.

Hatha Yoga, Iyengar Yoga, Ashtanga Yoga, Yin Yoga, Sivananda Yoga, Vinyasa Yoga, Aerial Yoga, Hot Yoga, Acro Yoga, Kriya Yoga, Kundalini Yoga, Bikram Yoga, Power Yoga, Jivamukti Yoga, Vini Yoga, Anusara Yoga, SUP Yoga, Lachyoga, Chi Yoga … ja sogar Bier-Yoga, Ziegen-Yoga, Wut-Yoga und Nackt-Yoga werden angeboten. Ich könnte endlos weiter aufzählen, so viele unterschiedliche Stile gibt es wohl. Na – verwirrt??

Sehr oft werde ich gefragt was es mit all diesen Stilen auf sich hat, wo die Unterschiede sind und was wohl das Beste sein wird? Denn schließlich wollen wir uns ja was Gutes tun, wenn wir die Entscheidung treffen mit Yoga zu beginnen. Da soll es natürlich die beste Wahl sein! Doch welche nur ist die beste?? Puuhhh … wie sagt ein altes Sprichwort: „Wer die Wahl hat, hat die Qual!“

Wir beginnen also mit irgendeinem Stil, vielleicht mit dem, den die beste Freundin auch macht oder mit dem, der auf den Bildern in der Yoga-Zeitschrift so verlockend aussieht oder mit dem, den es gerade günstig bei der VHS gibt. Wir hoffen, dass wir uns nach ein paar Stunden entspannter und fitter fühlen werden, genauso wie es uns die tollen Bilder bei Instagram und in der Zeitschrift versprechen. Aber weil Yoga ja bekanntlich nicht yummy ist, wird es vielleicht irgendwann ungemütlich, wir stoßen an eine erste Grenze, sind mit uns nicht zufrieden oder stellen fest, dass Disziplin dazugehört … Hmmm … Moment – bestimmt ist es der falsche Stil für mich! Vielleicht sollte ich besser Iyengar statt Sivananda Yoga praktizieren?! Oder doch lieber Vinyasa, da gibt’s wenigstens coole Mucke!

Du möchtest wissen warum Yoga nicht yummy ist?? Lies meinen Beitrag „Yoga is NOT yummy“

Der Yoga-Schlussverkauf

Haben wir dann einen Stil gefunden, der uns zusagt, ist der Gang am Buffet doch noch lange nicht zu Ende. Wie wär’s mit Nachschlag? Vielleicht ’nem „Handstand für Dummies“-Workshop am nächsten Wochenende? Danach klappt das doch bestimmt mit dem Handstand … und dann noch die Special-Backbending-Class am Abend, die Hip-Openers vor der Morgen-Praxis und Yoga-Nidra zum Einschlafen. Achja und was will ich eigentlich ständig in der normalen Yoga-Stunde – jetzt sollte doch endlich mal ein Teacher-Training her! Und vielleicht schau ich dann nächste Woche doch auch mal wieder in die Sivananda-Stunde rein, ständig Ashtanga wird auch irgendwann langweilig …

In vielen modernen Yoga-Studios werden alle möglichen unterschiedlichen Stile angeboten, an jedem Wochentag ein anderes Angebot. Das erweckt das Gefühl, dass wenn ich montags zur Hatha-Stunde nicht kann, dann klappt es vielleicht dienstags zum Vinyasa oder mittwochs zum YinYoga. Mir kommt das vor wie ein „Yoga-Sommer-Schlussverkauf“. Man bekommt das Gefühl man müsste alles mal probiert haben und verpasst was, wenn man nicht wenigstens zwei bis drei Stile praktiziert und jeden Stil mal durchprobiert hat.

Deshalb bilden sich viele Yogalehrer in allen möglichen Stilen weiter, machen einen Wochenendkurs hier und einen da, um viele Schüler anzulocken und diesen eine möglichst breite Yoga-Palette anbieten zu können. Doch wie sagt ein altes Allgäuer Sprichwort: “ Wer allz ka, ka nix gscheit!“ ?

Yoga ist eine Methode

Mein Lehrer, Sharath Jois, sagt immer, das alles gibt es in Wirklichkeit gar nicht – es gibt nur YOGA! Und Yoga kann seine Wirkung erst entfalten, wenn man es als Methode benutzt und die 8 Stufen (Yama, Niyama, Asana, Pranayama …) Schritt für Schritt geht. Klar, es haben sich im Laufe der Zeit unterschiedliche Arten von Asana-Praxis entwickelt, doch das Grundprinzip sollte immer dasselbe bleiben – der achtgliedrige Pfad. Und dann ist es auch gar nicht so entscheidend welche Form der Asana-Praxis ich übe, das Entscheidende ist: folge ich der Methode? Bleibe ich beständig dabei und praktiziere ich regelmäßig? Nur dann kann ich irgendwann einen positiven Effekt auf Körper und Geist spüren! Wie reagiere ich wenn mir Widerstände und Hindernisse begegnen? Bleibe ich dabei oder flüchte ich zum nächsten „Yogastil“? Nur wenn ich etwas über lange Zeit regelmäßig ausübe, kann ich Früchte erwarten!

„Yoga ist wie eine Blume: ich muss ihr täglich Wasser geben, damit sie blüht!“

Rolf Naujokat

Wenn ich ständig zwischen verschiedenen Methoden hin- und herspringe, werde ich schnell verwirrt sein und keine von ihnen kann beginnen ihre Wirkung zu entfalten. Im Gegenteil, ich werde die Früchte dadurch am Reifen hindern, sie werden abfallen, bevor ich sie ernten kann. Außerdem verleitet es mich wieder mal dazu, immer nur das zu tun, was für mich gerade „yummy“ ist, also wonach mir grade der Sinn steht. Bin ich heute müde und faul? Ach, dann geh ich doch in die Yoga-Nidra-Stunde. Hab ich Bock auf Tanzen? Hey, mein Studio bietet heute Abend Yoga-Dance an … Das ist nett und macht bestimmt alles Spaß, doch mit Yoga hat es leider nichts zu tun! Ganz zu schweigen von Bier-Yoga oder Ziegen-Yoga … ? Sei dir bewusst: Nicht überall wo Yoga draufsteht, ist auch wirklich Yoga drin!

Parampara

Die traditionelle Lehrmethode „Parampara“ bedeutet, dass Wissen direkt in einer Traditionslinie vom Lehrer an den Schüler weitergegeben wird. Der Schüler lernt dabei so lange bei seinem Lehrer, bis dieser ihn befähigt das Wissen selbst an Schüler weiterzugeben. Dabei sprechen wir über eine Zeitspanne von vielen Jahren, wenn nicht sogar eher Jahrzehnten. So wird das Wissen also von Generation zu Generation weitergegeben. (Parampara bezieht sich dabei übrigens nicht nur auf Yoga, sondern wir finden dies auch in vielen anderen Bereichen wieder.)

Lernen in solch einer Traditionslinie ist die Grundvoraussetzung, um Yoga authentisch zu erlernen. Gerade Yoga ist eine „Erfahrungswissenschaft“, d. h. der Lehrer übermittelt dem Schüler seine eigenen Erfahrungen, die er durch beständiges langjähriges Praktizieren erlangt hat.

Hast Du Deinen Lehrer schon mal gefragt wer sein Lehrer ist und ob er regelmäßig bei ihm praktiziert?

Meine Empfehlung fürs Yoga-Buffet

Geh die Tafel entlang und nimm Dir von allem was Dich anspricht einen KLEINEN Happen. Von dem Happen bei dem Du das Gefühl hast, dass er am besten für Dein Wohlbefinden sein könnte, nimm Dir ab sofort für einen bestimmten Zeitraum eine Portion. Nicht zu viel, nicht zu wenig – eben eine normale Portion.

„Too much asana makes you crazy!“

Sharath Jois

Übersetzt auf’s Yoga bedeutet das: Schnuppere Dich am Anfang durch das „Yoga-Buffet“, schau Dir verschiedene Lehrer und ihr Angebot an. Mach (wenn es Dir nötig erscheint) einige Probestunden und schau Dich um.

Wenn Du dann was gefunden hast, wo Du das Gefühl hast, dass Du dort wirklich YOGA lernen kannst, bleib dabei!! Gib nicht bei der ersten Hürde auf, gib nicht dem Gefühl nach, Du verpasst etwas wenn Du nicht zum neuen Yogastil mit dem fancy Namen und den hippen Lehrern wechselst. Lass Dich nicht ablenken vom Überfluss des ganzen Buffets!

Bleib dabei – und dann schau mal nach ein paar Jahren (!!!) welche positiven Effekte diese wunderbare Praxis für Dich bereithält, welche Veränderungen sich Stück für Stück in Dein Leben eingebaut haben. Nur so wirst Du die Früchte dieser wunderbaren Philosophie ernten können!


Solltest Du Dich für’s Ashtanga Yoga interessieren, findest Du auf der Webseite meiner Yogaschule Ashtangayoga-Allgäu weitere Informationen dazu!

Ein Gedanke zu „Das „Yoga-Buffet“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert