Wie finde ich einen „guten“ Yogalehrer?

Wie finde ich einen „guten“ Yogalehrer?

Oder: 3 Fragen, die du deinem Yogalehrer unbedingt stellen solltest!

Yogalehrer gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. In nahezu jedem Dorf werden inzwischen Yogakurse angeboten, die oft auch noch die verschiedensten Namen tragen. Eigentlich eine wunderbare Sache wenn Yoga sich so toll verbreitet. Doch leider ist oft nicht sehr viel Yoga drin, wo Yoga draufsteht.

Waaas? Wie kann denn das sein? Schließlich nennt sich die Dame, die den Kurs anbietet, doch Yogalehrerin. Dann muss sie doch eine Ausbildung abgeschlossen haben und somit eine gewisse Qualität anbieten? Hmmm … leider muss ich dich hier enttäuschen:

Nicht hinter jedem Titel verbirgt sich Qualität. Zumindest in diesem Fall. Sind wir es von den meisten anderen Berufen gewöhnt, dass vor dessen Ausübung eine mehrjährige Ausbildung steht, die mit einer staatlichen Abschlussprüfung endet, so ist dies im Fall „Yogalehrer“ völlig anders. Prinzipiell kann sich jeder selbst den „Titel“ Yogalehrer geben. Das ist auch total gut so, denn schließlich ist Yoga ein viel zu komplexes Philosophiesystem als dass es in irgendwelche Strukturen gepresst werden sollte, die dann in Deutschland staatlich überprüft werden.

Das Problem an der Sache ist aber, dass inzwischen an jedem Eck Yogalehrer-Ausbildungen angeboten werden, die sehr oft von nicht genügend qualifizierten Personen durchgeführt werden. Dies kann nämlich genauso einfach jeder tun, wie Yoga zu unterrichten. Oft wird dann mit einer gewissen Stundenanzahl geworben, um die Qualität der Ausbildung zu belegen. Aber mal ganz ehrlich: 200 Stunden klingt zwar erstmal recht viel, doch wenn wir es in 8-Stunden-Tage aufteilen, so sind dies gerade mal 25 Tage! 500 Stunden ergeben dabei 62 Tage, also ganze zwei Monate Yogaerfahrung!? Viele beginnen nämlich ihren Yogaweg direkt mit solch einer Ausbildung. Wenn ich mir nun vor Augen halte, wieviele Jahre mein Lehrer Sharath Jois bei seinem Lehrer gelernt hat, wird mir ganz schlecht…

Also sollten wir uns nicht drauf verlassen, dass jemand eine Yogalehrer-Ausbildung hat, sondern andere Kriterien anwenden, um rauszufinden, ob mir hier authentisches Yoga angeboten wird.

1. Wer ist dein Lehrer?

Sehr oft herrscht der Irrglaube, dass ein Lehrer alles weiß und deswegen nicht mehr lernen muss, sondern sein Wissen weitergibt. In meinen Augen ist das völliger Unsinn und erinnert mich an die furchtbarsten egozentrischsten Gestalten, die mich während meiner überdurchschnittlich langen Schulzeit unterrichtet haben. Rückblickend gesehen nenne ich diese wohl lieber „Belehrer“ als „Lehrer“, da sie mir nicht wirklich etwas beibringen wollten, sondern stattdessen nur belehrt haben. Ganz und gar nicht effektiv – hat leider genau das Gegenteil bewirkt 😉

Ein wahrhaft guter Lehrer wird immer selbst Schüler bleiben! In Indien ist dieses System völlig normal. Ein Lehrer beruft sich dort immer auf seinen Lehrer und dessen Lehrer zurück und befrägt diesen auch bei Unklarheiten oder Wissenslücken. Dieses System heißt im Sanskrit „Parampara“ und bedeutet in etwa „Traditionslinie“. Gemeint ist die Linie, in der ein Lehrer einem Schüler viele Jahre Wissen weitergibt. Bis er diesen Schüler dann beauftragt, wiederum selbst das Wissen an neue Schüler weiterzugeben. So führt diese Linie über viele Generationen ohne abzureißen.

Das hat den großen Vorteil, dass Wissen sehr persönlich und direkt vermittelt werden kann und somit möglichst wenig davon verlorengeht. Ohne dieses großartige System wäre vom alten Yoga-Wissen heute wohl nicht mehr allzu viel übrig. Leider passiert in unserer modernen Zeit eben genau das: durch die Abkehr von Parampara und durch den Egotrip vieler Einzelner verwässert das uralte so wertvolle Wissen mehr und mehr!

Also stell deinem zukünftigen Yogalehrer doch einfach mal die Frage, wer denn SEIN Lehrer ist! Und damit sind nicht irgendwelche Namen gemeint, die denselben Stil vielleicht schon vorher unterrichtet haben. Sondern der Lehrer, den er auch wirklich regelmäßig aufsucht, um von ihm zu lernen!

2. Hast du eine regelmäßige Yogapraxis?

Es soll ja Menschen geben, die der Meinung sind, dass Yogalehrer selbst nicht mehr praktizieren (müssen). Keine Ahnung woher dieser Gedanke kommt, aber sehr häufig werde ich damit konfrontiert. Oder ich höre von anderen Yogalehrern, dass sie – seit sie selbst unterrichten – keine Zeit mehr für ihre eigene Praxis haben! No way – das ist ein absolutes Ausschlusskriterium!!! Mein dringender Rat an diese Yogalehrer: unterrichte weniger und praktiziere mehr!

Yoga ist eine „Erfahrungswissenschaft“ – oder wie Sri K. Pattabhi Jois so schön sagte: „Yoga ist 99% practice and 1% theory!“ Nur durch die tägliche Praxis kannst du langfristig spüren und erfahren was Yoga ist, wie Yoga wirkt und nur dann kannst du es auch authentisch weitergeben. Noch so viele tolle Literatur über Yoga wird dir niemals das vermitteln können was du direkt auf der Matte lernst!

Und damit ist natürlich nicht gemeint, dass der Lehrer während des Unterrichtens selbst mitpraktiziert indem er „vorturnt“. Versteht sich eigentlich von selbst, allerdings soll es tatsächlich sowas geben. Praxis ist Praxis und Unterricht ist Unterricht. Während meiner eigenen Praxis bin ich bei mir selbst und bei niemandem anderen, während des Unterrichts schenke ich meine ganze Aufmerksamkeit den Schülern.

3. Wie beeinflusst Yoga dein Leben?

Wie bereits erwähnt, Yoga ist eine „Erfahrungswissenschaft“. Durch regelmäßiges Praktizieren stellen sich gewisse Veränderungen im Leben ein. Die Idee vom allseits entspannten und friedvollen Yogalehrer, der nie wütend wird, niemals gestresst ist und für den Rückenschmerzen ein völliges Fremdwort sind , ist zwar (zum Glück) ein totales Ammenmärchen, aber dennoch sollte dein Yogalehrer dir aus seinen eigenen Erfahrungen berichten können, in welcher Form Yoga bei ihm wirkt und inwiefern es sein eigenes Leben verändert hat. Und zwar bitte nicht in den hohlen Phrasen, die so blumig und wunderbar klingen (dich jedoch immer kleiner werden lassen, weil du dir denkst, du bist meilenweit davon entfernt) und wir in hunderten von „Über mich“-Webseiten lesen können. Nein, ganz konkret!!

Sicherlich sind diese 3 Fragen nicht allein entscheidend, ob du einen qualifizierten und „guten“ Yogalehrer vor dir hast, aber doch ein hilfreiches Instrument dafür. Versuch doch einfach mal bei Gelegenheit diese Fragen zu stellen. Wenn du ein verdutztes Gesicht erntest oder nervöses Rumgedruckse, solltest du ein bisschen skeptisch werden 😉


Du frägst dich was die ganzen unterschiedlichen Yogastile sollen? Dann lies doch mal meinen Blogpost „Das Yoga-Buffet“!

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